Julbord på nytt vis
Weihnachtsessen einmal anders
Um drei Uhr essen? Geht’s dir noch gut? So reagierte ich, als mein Mann unseren ersten Weihnachtsabend in Österreich mit mir besprach.
Jedes Kind weiß, dass um drei Uhr am Weihnachtsabend in Schweden nicht gegessen wird. Drei Uhr ist heilig. Es gibt weder Köttbullar, Prinzenwürstchen (ähnlich unseren Teewürstchen) oder Jansons Versuchung für die Kinder, noch wird Julmust, der wie immer viel zu stark schäumt, serviert. Man kann zu diesem Zeitpunkt auch nicht bei Tisch sitzen und den Geschmack des diesjährigen Schinkens oder gar Großmutters Geschenkideen erörtern. So etwas wäre undenkbar und widerspricht sämtlichen Prinzipien schwedischer Weihnachtstraditionen. Um drei Uhr nachmittags wird am Weihnachtsabend ferngesehen, Kalle Anka - Disney´s Weihnachtsspecial. Nachdem die Sendung vorbei ist, gibt es Zeit für Speisen und Geschenke.
Mein Mann wusste das damals noch nicht und blickte mich fragend an. Teewürstchen und Jansons Versuchung? Wollen wir nicht etwas Besonderes essen? Außerdem, Disney zu Weihnachten schauen? Nicht einmal einen ganzen Film, sondern nur Ausschnitte? Ich fing an zu erklären: Also, weißt du, das ist in Schweden Tradition, man schaut dieses Programm schon seit fast 60 Jahren. Ich habe es bisher jedes Jahr gesehen, schon als Baby. Für mich ist die Disney Weihnachtssendung ein Bestandteil des Weihnachtsfestes, so wie Böller in der Walpurgisnacht und Hering mit Kartoffeln zur Midsommarfeier. Fernschauen zu Weihnachten ist also ein Muss. Und wenn es um das Essen geht, gibt es nur eine Art von Essen, das serviert werden kann, nämlich das Weihnachtstisch-Essen. Die Gerichte die sich hierfür qualifiziert haben sind z.B. Prinzenwürstchen, Lachs, Heringssalat, Spareribs, Weihnachtsschinken, Jansons Versuchung, Kartoffeln, Salate und Fleischbällchen in Massen. Diese Gerichte werden dann im Laufe des Abends geschmaust. Man sitzt beieinander, isst und wartet darauf, dass der Weihnachtsmann durch den Schnee gestapft kommt und an der Türe klopft. Mein Mann willigte zögernd ein, aber meinte, dass ordentliche Selchwürstel doch auch definitiv zu Weihnachten gehörten.
Kompromisse bei schwedischen Traditionen einzugehen, fällt mir schwer. Ich habe mein Bestes gegeben, um meinen Mann zu schwedisieren, aber es ist mir nicht voll gelungen. Er mag zum Beispiel keine Bullar. Das ist natürlich so ein direkter und bösartiger Angriff auf die schwedische Backkultur, dass ich es kaum wage auszusprechen, wenn wir in Schweden zu einer Fika eingeladen sind. Ich entschuldige mich dann immer sehr diskret und versuche eine Entschuldigung zu finden, die keinen solchen Affront darstellt, zum Beispiel er sei zu dick oder er wäre allergisch gegen Zimt.
Bei anderen schwedischen Traditionen ging es recht leicht. Die Erbsensuppe und die Pfannkuchen am Donnerstag sind bei uns zuhause Standard. Zu Fredagsmys (Chips zum Film am Freitag) und Lördagsgodis (Süßigkeiten am Samstag) musste ich ihn gar nicht so sehr überreden. Auch den Surströmmingstest hat er perfekt gemeistert. Er isst zwei, drei Surströmmings (fermentierte Heringe), was recht ordentlich ist, wobei man die folgenden Verdauungsschwierigkeiten dabei in Kauf nehmen muss. Er hat leider keinen Wikingermagen. Ich liebe Surströmming. Richtig gut schmeckt er nur mit Tunnbröd (ähnlich wie Matzen Brot), Butter (gesalzen!), gekochte Erdäpfel, Strömming und danach noch ein Tunnbröd als Deckel. Schmatzo! Wobei ich nicht die Einzige bin, die Surströmming mag. Extrem populär ist er bei fliegenden Insekten. Man kann sagen, er lockt sie an wie die Fliegen. Ist es ein fliegenreiches Jahr, macht man beim Verspeisen auch noch den Verdauungsspaziergang gleich mit. Ich war schon auf Surströmmingessen eingeladen, bei denen sämtliche Gäste durch den Garten gingen und versuchten, den Fliegen zu entkommen. Die Fliegenplage liegt natürlich am Duft – manche nennen ihn Gestank – der sich überall, Kleidung, Gardinen, Bart meines Mannes, festsetzt. Es ist also nicht ratsam, Surströmming im Hause zu essen.
Zurück zu Weihnachten. Nach zähen Verhandlungen bekam ich letztendlich doch die richtigen schwedischen Weihnachten, mit einem großen Weihnachtsbuffet, Disney und einem Weihnachtsmann. Der einzige Unterschied war, dass einige Selchwürstel und etwas Kren sich dazu geschmuggelt hatten – und der Schnee ausblieb!
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